Die Zeit ist der Raum der menschlichen Entwicklung. Ein Mensch, der über keine freie Zeit zu verfügen hat, dessen ganze Lebenszeit, abgesehen von den bloß physischen Unterbrechungen durch Schlaf, Mahlzeiten und so weiter, durch seine Arbeit für den Kapitalisten in Anspruch genommen wird, ist weniger als ein Lasttier. Er ist eine bloße Maschine zur Erzeugung von fremdem Reichtum, körperlich gebrochen und geistig vertiert. Und doch zeigt die gesamte Geschichte moderner Industrie, dass das Kapital, wenn es nicht im Zaume gehalten, rücksichtslos und unbarmherzig daran arbeiten wird, die ganze Arbeiterklasse auf diesen äußersten Stand der Herabwürdigung zu bringen. Karl Marx "Nehmen wir an, dass gegenwärtig eine bestimmte Anzahl von Menschen mit der Herstellung von Nadeln beschäftigt ist. Sie machen so viele Nadeln, wie die Weltbevölkerung braucht, und arbeiten acht Stunden täglich. Nun macht jemand eine Erfindung, die es ermöglicht, dass dieselbe Anzahl von Menschen doppelt so viele Nadeln herstellen kann. Aber die Menschheit braucht nicht doppelt so viele Nadeln. Sie sind bereits so billig, dass kaum eine zusätzliche verkauft würde, wenn sie noch billiger würden. In einer vernünftigen Welt würde jeder, der mit der Herstellung von Nadeln beschäftigt ist, jetzt eben vier statt acht Stunden täglich arbeiten, und alles ginge weiter wie zuvor. Aber in unserer realen Welt betrachtet man so etwas als demoralisierend. Die Nadelarbeiter arbeiten immer noch acht Stunden, es gibt zu viele Nadeln. Einige Nadelfabrikanten machen bankrott, und die Hälfte der Leute verlieren ihren Arbeitsplatz. Es gibt jetzt, genau betrachtet, genausoviel Freizeit wie bei halber Arbeitszeit; denn jetzt hat die Hälfte der Leute überhaupt nichts mehr zu tun, und die andere überarbeitet sich. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die unvermeidliche Freizeit Elend hervorruft, statt dass sie eine Quelle des Wohlbefindens werden kann. Kann man sich noch etwas Irrsinnigeres vorstellen?" Bertrand Russell